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Informationen zur Coronakrise 
in Kibera

Covid-19 hat auch Kenia erreicht. Die Regierung hat Massnahmen getroffen, um die Verbreitung des Virus einzudämmen, die zum Teil schwerwiegende Konsequenzen für die Kinder unserer KidStar Academy in Kibera haben. 
Hier versuchen wir Sie auf dem Laufenden zu halten, was im Umfeld der Schule geschieht und wie die Good Hearts Organisation versucht zu helfen.

Corona in Afrika - ein Rätsel 

Nach wie vor ist die Lage im Kibera Slum bezüglich Anzahl Fällen und Krankheitsverläufen nicht wie anfangs befürchtet dramatisch, sondern erstaunlicherweise ruhig. Auch im Umfeld unserer Schulkinder haben wir aktuell keine Kenntnisse über einen bestätigten Fall (zu asymptomatischen Fällen und Dunkelziffern sind kaum Aussagen möglich). Über die Gründe hierfür kann man nur spekulieren: Eine Erklärung ist die junge Bevölkerung Kenias, wo es tendenziell weniger schwere Krankheitsverläufe gibt. So sind in Kenia nur 3 % der Bevölkerung über 65 Jahre alt, während es in der Schweiz fast 20% sind. Auch müssen die Menschen, welche überhaupt die ersten Jahre im Slum überleben, gemäss Einschätzung von Alex Weigel ein relativ gutes Immunsystem haben. Weiter sind die meisten Haushalte im Slum kleinkinderreich, was sich offenbar auch positiv auf die Immunabwehr auswirkt und die scheinbar auch in Europa weniger betroffene Blutgruppe 0 ist wesentlich stärker vertreten in Kenia. 

Dennoch gibt es gravierende Auswirkungen im Zusammenhang mit Corona. Durch den Lockdown haben viele Leute ihre Arbeit verloren, Schulen wurden ganz geschlossen, viele Medikamente waren nicht mehr verfügbar und auch Impfungen wurden ausgesetzt. Das könnte anderen Krankheiten wie z. B. Kinderlähmung, Diphtherie, Wundstarrkrampf, Keuchhusten, Masern Vorschub leisten. Deutlich positiv wirken sich hingegen die verschärften Hygienemassnahme (vor allem das Händewaschen) und der zeitlich eingeschränkte Alkoholkonsum auf die Familien aus.

Kenia in der Corona-Falle
Ein hochaktueller und spannender Beitrag zur aktuellen Situation in Kenia vom ZDF

April-Update: Situation am 26.04.2020

Covid-19 breitet sich auch in Afrika weiter aus. Der erste Fall in Ost-Afrika trat in Kenia einen Tag vor dem ersten Fall der USA auf. Offiziell wurden hier bis heute gut 17’000 Personen getestet. Erstaunlicherweise gibt es in Kenia bis heute erst 343 bestätigte Ansteckungen, der überwiegende Teil davon in der Hauptstadt Nairobi. Wie überall ist von einer hohen Dunkelziffer auszugehen. Erst 14 Todesfälle durch Covid-19 sind in Kenia bis heute offiziell zu beklagen, zwei davon im Kibera Slum. Die Hauptstadt Nairobi und die Küstenregion mit Mombasa sind hermetisch abgeriegelt, viele Wirtschaftszweige mussten schliessen und überall besteht zudem eine brutal durchgesetzte nächtliche Ausgangssperre. Gegen eine halbe Million Arbeitsstellen - formelle und solche im informellen Sektor - sind in Nairobi verloren gegangen, auch viele Schulen haben ihre Lehrpersonen und Angestellten entlassen. Im öffentlichen Raum besteht Masken-Tragepflicht unter Androhung einer Busse von umgerechnet fast 200 CHF (etwa der Monatslohn einer Lehrperson!) oder einer Gefängnisstrafe bei Nichtbeachtung.

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Impressionen von der 4. Lebensmittel Verteil-Aktion vom 22.04.2020

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Viele Haushalte in den Slums der Grossstädte haben kaum etwas zu essen.

So löste die österliche Verteilung von Nahrungsmitteln durch Spitzenpolitiker beim Hauptposten der Polizei in Kibera einen Ansturm mit Dutzenden Verletzten und zwei Todesfällen aus und wurde mit Tränengas aufgelöst. Dies zeigt, wie eine direkte Ausgabe von Essen an einem Ort gerade jetzt problematisch, sogar kontraproduktiv sein kann, da die Kämpfe um das Essen dieses teils vernichtet, den Starken vorbehalten bleibt und die Ansteckungsgefahr massiv erhöht. Auch Medikamente sind knapp in Kibera. Während z.B. chronisch Kranke vor der Pandemie Medikamente je für die nächsten 2-3 Monate erhielten, wird heute oft nur noch genug für 1-2 Wochen abgegeben. Für Säuglinge und Kleinkinder sind HIV-Medikamente und viele Medikamente in Sirup-Form derzeit nicht oder nur sehr schwer erhältlich.

Update vom 31.03.2020

Seit kurzem gibt es eine nächtliche Ausgangssperre in Kenia, welche die Polizei rigoros durchsetzt und leider auch vor Gewalt nicht zurückschreckt. Unser Team hat sich überlegt, wie wir unsere Kinder in dieser schwierigen Zeit am besten unterstützten können. 
Im Moment ist die Grundversorgung mit Nahrungsmitteln überlebenswichtig, deshalb hat dies absolute Priorität. Bei einem normalen Schulbetrieb bekämen die Kinder von uns täglich zwei vitaminreiche Mahlzeiten. Dies möchten wir unseren Kindern nun in Form eines Essensgutscheins ermöglichen und haben eine Verteilaktion gestartet: Die Lehrpersonen gingen mit ihren Klassen zu einem Supermarkt, wo die Kinder je 2kg Zucker, 1 Packung Teeblätter, 2kg Unga (Maismehl) und 1 Stangenseife im Wert von 5.50 CHF beziehen konnten. Damit haben sie und ihre Familien für ein paar Tage Lebensmittel. Da 10 Kinder mit ihren Familien aufs Land geflüchtet sind, konnten wir diese leider nicht erreichen. Deshalb verteilten wir diese Gutscheine an bedürftige Familien, die unmittelbar neben unserer Schule wohnen. Kinder, Mütter und Lehrpersonen waren sehr glücklich, dass wir helfen konnten und wir spüren eine grosse Solidarität und Verbundenheit in dieser schwierigen Zeit! Die Verteilaktion war somit erfolgreich und wenn immer es die Lage zulässt, möchten wir diese unbedingt wiederholen. Wir halten Sie auf dem Laufenden.

Wie ist die Lage in Kibera?

Das Corona-Virus hat auch Kenia erreicht. Offiziell gibt es derzeit 25 bestätigte Fälle (Stand 24.03.). In den letzten 24 h sind einige neue Fälle dazugekommen, davon 2 in Kibera. Es ist von einer sehr grossen Dunkelziffer auszugehen. Seit rund 2 Wochen ist die Stadt Nairobi unter Kontrolle eines Militärgenerals. Dieser versprach, die Situation bezüglich Hygiene und Abfall unter Kontrolle zu bringen und geht derzeit mit Chemikalien gegen das Virus vor. Leider herrscht ein grosses Unwissen über die tatsächlichen Verbreitungswege und somit auch über wirksame Massnahmen wie regelmässiges Händewaschen oder „social distancing“. Diese sind natürlich gerade in einem Slum wie Kibera unmöglich umzusetzen, da Wasser rar und teuer ist und die Leute sehr eng aufeinander leben. Eine wirksame Möglichkeit, das Virus einzudämmen, wäre den grössten Markt in Nairobi (Gikomba) zu schliessen. Denn von dort bringen die Kleinhändler die Lebensmittel in die verschiedenen Slumviertel. Dieser ist nun bereits teilweise geschlossen. Im Moment sind auch gewisse Medikamente knapp geworden (z. B. HIV-Medikamente und Antibiotika), da es weniger Importe aus Indien und China gibt.

Die Menschen leben im Slum auf engstem Raum zusammen, wodurch sich ein Virus sehr schnell ausbreiten kann.

Einige Medikamente wie Antibiotika oder HIV-Medikamente sind bereits knapp geworden und beispielsweise für Kinder unter 3 Jahren nicht mehr verfügbar.

Welche Folgen könnte das Virus haben?

Die Ausbreitung des Virus würde in Kibera gravierende Folgen haben. Das Hauptproblem wird die Versorgung der Slumbewohner mit Lebensmitteln sein. Bei einer Schliessung von Märkten und Läden oder einer totalen Ausgangssperre fehlt es den Leuten sehr rasch an Nahrung. Die meisten Menschen sind Taglöhner, haben deshalb keine Vorräte und haben bei einer Ausgangssperre weder Geld noch die Möglichkeit, an Nahrungsmittel zu kommen. Die Situation kann sich dann sehr schnell in Gewalt entladen. Viele Menschen haben auch keine Gesundheitsversicherung und das Gesundheitssystem ist bereits jetzt total überfordert. Bei einer grossen Anzahl toter Personen besteht ausserdem die Gefahr von Seuchen, wenn die Leichen nicht schnell genug abtransportiert werden können. Leider fällt die Epidemie auch gerade in die grosse Regenzeit, welche üblicherweise von April bis Mai dauert. Durch die Nässe und Kälte sind viele Leute ohnehin schon angeschlagen oder leiden an der saisonalen Grippe. Auch Malaria und Durchfallerkrankungen sind in dieser Jahreszeit auf dem Vormarsch, was die Leute zusätzlich schwächt.

Die Versorgung mit Nahrungsmittel kann zu einer der grössten Herausforderungen werden.

Leider fällt die Ausbreitung gerade in die Regenzeit, wo viele Leute bereits durch andere Krankheiten wie Malaria, Durchfall oder die saisonale Grippe geschwächt sind.

Was unternimmt die Good Hearts Organisation?

Die Schule ist derzeit aufgrund der Vorgaben der Regierung geschlossen. Es gibt diverse Radio- und Fernsehprogramme, mit welchen die Kinder zu Hause lernen sollen. Leider können unsere Kinder davon kaum profitieren, da die allermeisten Familien unserer Kinder weder Radio noch Fernseher haben. Die Good Hearts Organisation hat im Vorfeld viel Aufklärungsarbeit geleistet. Die Kinder haben gelernt, wie wichtig regelmässiges und richtiges Händewaschen ist und dass sie dies auch in ihren Familien zum Thema machen. Die Lehrpersonen haben Telefonlisten erstellt, über welche sie alle Kinder erreichen können.   Wir prüfen aktuell auch einen möglichen Notfallbetrieb der Schule. Die Kinder könnten klassenweise zur Schule kommen und dann auf verschiedene Klassenzimmer aufgeteilt werden. So könnten wir die Kinder auch mit Essen versorgen, was die Familien enorm entlasten würde. Dennoch muss die Sicherheit bei einer allfälligen Abgabe von Essen für unser Personal gewährleistet sein. Dazu sind wir mit dem obersten Sicherheitschef vom Bezirk Lang’ata in Kontakt. Als weitere präventive Massnahme hat die Good Hearts Organisation den Lehrpersonen die Krankenkassenprämie für die nächsten 3 Monate bereits bezahlt, damit die im Notfall eine bestmögliche Versorgung haben. Auch haben wir unserem Personal nicht gekündigt, wie viele andere Schulen. Die Mitarbeitenden sind auf Standby und treffen sich unter Einhaltung von social distancing 1x pro Woche in der Schule, um mögliche Massnahmen zu koordinieren.

Die Schule ist derzeit geschlossen.

Die Kinder lernten im Vorfeld das korrekte Händewaschen und tragen dies nun auch nach Hause. Das Wasser ist derzeit knapp und für viele Slumbewohner teuer.

Wie kann man helfen?

Unterstützen Sie uns, damit wir weiterhin die Löhne unserer MitarbeiterInnen bezahlen können. Dies ist die Grundvoraussetzung, um den Kindern Lernmöglichkeiten, Essen und Seife zukommen zu lassen. Gelebte Solidarität – in der Nachbarschaft, aber auch über Kontinente hinweg – ist jetzt wichtig und wertvoll. Herzlichen Dank, dass Sie auch jetzt an uns denken.